08 Februar 2014

Das Warum und das Wie - das Backslash-Ereignis "Vater"

Ich habe mich schon des öfteren mit Missverständnissen auseinandergesetzt. Der Aufschrei der Gegenüber ging von sanften Schubsern bis hin zu empörten Angriffen. Man (und manchmal auch frau) war schon oft der Meinung, dass ich falsch liege oder die Realität nicht erkannt hätte bzw. man wollte mir "massiv widersprechen" ... die gegnerische Argumentation fiel dann meist aus, da es vielen zu mühsam erschien, eine fundierte Gegenthese aufzufahren. Dabei lag es imho oft nur daran, dass unsere Intention, mit der wir etwas betrachteten, völlig verschieden waren. Persönliche Befindlichkeiten erscheinen mir im Zusammenhang mit strukturellen Analysen als wenig hilfreich und ich möchte auch keine Fragen mehr beantworten, bei denen die Antwort eigentlich auf der Hand liegt.
Im Allgemeinen frage ich daher nicht mehr nur nach dem Warum, sondern vermehrt nach dem Wie... (denn das Warum ist meist schnell beantwortet.)
Das Wie ist für mich meist von größerem Interesse, da es viele Warum-Fragen überflüssig macht. Zum Beispiel - Wie entwickelte sich einst das Menschsein in seiner heute immer noch wirksamen Ausprägung?
Das Warum klagt eher die Umstände an. Warum sind Frauen heute immer noch das gesellschaftlich unterlegende Geschlecht? Warum werden Mütter nicht von der Gemeinschaft umsorgt? Warum gibt es heute Väter, die nahezu verzweifelt um ihre Kinder kämpfen? Und und und...
Auf diese Warum-Frage gibt es in der Regel einfache, gesellschaftskritische, Antworten. Beziehen wir jedoch in die Gesamtsicht noch den entwicklungsbedingten (auf das artgerechte Sein bezogene) Blick mit ein, führt uns das über das Warum hinaus zu der Frage nach dem Wie und dem kausalen Zusammenhang. Nehmen wir z.B. die Väter – Warum kämpfen Väter heute auf diese besondere Weise um ihr Kind?
Weil sie es, seit der Status des Vaters von ihnen eingeführt wurde, zum ersten Male nötig haben.

Seitdem das patriarchale System existiert, gehörten Kinder dem Vater, vorausgesetzt er ließ sich dazu herab, sie anzuerkennen. Je nach Zeit und Kultur war der patriarchale Vater und hier besonders der privilegierte Mann, in der Regel auch Herr über Leben und Tod seiner Kinder. Der Herrscher an der Spitze der Hierarchie besaß nur noch als "Herr" die Götter oder einen Gott über sich. Mit der Erschaffung der Götter und vor allem des monotheistischen Gottes, führte der patriarchale Mann ein Rechtfertigungssystem für seine Handlungsweise ein. Diese Ideologie sanktioniert immer noch, dass der 'kollektive Vater' "seine" Kinder und hier besonders die Söhne, auch in den Tod schicken kann.
Heutzutage ist das Kind nicht etwa aus der einstigen Willkür des 'Vaters' wieder in die Fürsorgekompetenz einer Müttersippe zurückgegeben, nein - im Gegenteil, beide, Mutter und Vater, sind dem anonymen kollektiven Vatergeist unterworfen, der sich im Gesetz und im Mainstream niederschlägt und letztlich nur bedingt für das Kind Sorge trägt.
Das Aufziehen der Kinder obliegt dem Elternpaar, dessen Handlungsspielraum einer bestimmten Gesetzesstruktur unterworfen ist. Dabei kommt es u.a. zu seltsamen Konsequenzen. Der „Staat“ versucht das Kind vor den Eltern zu schützen, da diese, erfahrungsgemäß, in der isolierten Kleinfamilie das Kind durchaus auch gefährden können. So wird auch eine Scheidung der Eltern vom Gericht prinzipiell an das Jugendamt* gemeldet?
Väter kämpfen also heute weniger um das Wohl ihrer Kinder, sondern eher um das sogenannte Sorge- oder Mitbestimmungsrecht am Kind. Und zwar gegen die Mütter.
Warum tun sie es? Auch und meiner Meinung nach vor allem, weil ein Kind für einen autonomen Erwachsenen eine besondere Form der Zugehörigkeit bedeutet - die übriggebliebene Identifikation mit dem verwurzelten Sein. Sahen sich in der Vergangenheit die Menschen eher in ihrer Bindung zu den vorangegangenen Ahninnen verwurzelt, findet heute eine Art der Umkehrung statt. Es wird sich quasi in die Zukunft verbunden.


Der modere patriarchale Mensch verhält sich wie eine Art Patient 0, bei dem alles beginnt und der seine Zugehörigkeit nur über seine Person und seine Nachkommen definiert. Und auch Frauen fällt es schwer, sich in eine, in die Vergangenheit reichende, Ahninnenreihe zu stellen bzw. sich als Teil der pragmatischen Evolution zu sehen.

Stellen wir also die Wie – Frage... wie kam es zu dieser Verlorenheit der (einsamen) Väter. Das wiederum eröffnet einen weiten Betrachtungskomplex an dessen Ende die Erkenntnis stehen wird, dass unsere Männer, die sich nur noch über die Vaterideologie zu definieren haben, kollektiv vergessen mussten, dass sie auch bzw. vor allem Söhne (von Müttern) und Brüder (von Schwestern) sind. Weder Frauen noch Männer pflegen heute kaum eine alltägliche Bindung zu ihrer konsanguinen** Herkunft. 
Die dadurch verschwundene (essentielle) Zuwendung im Alltagsgeschehen und der, auch für Erwachsene bedeutsame, kaum vorhandene Geborgenheitseffekt kann nicht allein durch einen (gewählten fremden, also nicht verwandten) „Partner“ ersetzt und auch nicht vom eigenem Kind aufgefangen werden. Es wird immer davor gewarnt, dass Alleinerziehende ihr Kind als Partnerersatz missbrauchen könnten, dabei wird ständig übersehen, dass unsere Kinder schon seit langem als Sippenersatz für ihre 'Eltern' herhalten müssen.
Wahrscheinlich werden wir die derzeitigen Strukturen, die auf der Paarideologie und dem Mangelkonstrukt Kleinfamilie aufgebaut sind, nicht so schnell korrigieren können, um wieder in die Geborgenheit einer generationsübergreifenden Artgerechtigkeit zurückzufinden, aber wir könnten schon mal überlegen 'Wie' das zu schaffen wäre.

(* http://www.muetterblitz.de/Gerichtskrimi/datenschutz.masp

(** konsanguin – verwandt durch Geburt in mütterlicher Linie
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